K U L T U R H A U P T S T A D T W A S S E R B U R G ?

- Abraham Megerles „Missa Bruxellensis“ nun auf CD -

 

Ein Wasserburg ist dise gantze Welt“, predigte Jordan von Wasserburg im Jahre 1714. Inzwischen kann man diesen Satz gegen den Strich lesen, denn alles was „Welt“ bedeutet, findet sich auch in diesem Innschleifen- Städtchen (einer heimlichen Kulturhauptstadt?): Ein überregional bedeutsames Theater, eine Kunstszene, die innovativ und agil ihr Daseinsrecht behauptet, einen Damen-Basketball voll Power, eine Konzertreihe mit bestem Ruf, Laienorchester und - chöre, schließlich Maler und Musiker von Rang, nicht zuletzt der kulturelle Trumpf Wasserburgs, der frühbarocke Komponist Abraham Megerle. 1607 in der Innstadt geboren, starb Megerle in Altötting 1680 - völlig verarmt, wie es sich offenbar für einen echten Künstler ziemt...

 

Peter Adler, der Leiter des Edlinger Madrigalchors „Concenti musicali“ ist seit Jahren dem Wasserburger Genie auf den Fersen. Durch akribische Recherchen konnte er etliches Material aus Klosterbibliotheken diesem Meister zuordnen. Das künstlerische Profil Megerles nahm mehr und mehr deutliche Gestalt an. Nun fand es vor kurzem seine grandiose Bestätigung in der Aufführung seiner „Missa Bruxellensis“ in der Klosterkirche Attel durch „Concenti Musicali“ in Zusammenwirken mit ausgezeichneten Solisten und Instrumentalisten, allesamt Spezialisten in Sachen Alter Musik.

 

Wer vor knapp zwei Monaten die Aufführung dieser besonderen Messe miterlebt hat, wird in der als Live-Mitschnitt nachgereichten CD sein Hörerlebnis auffrischen können und den ungemein positiven Eindruck bestätigt finden. Wer jedoch gänzlich unbefangen in diese farbige Musik eintaucht, wird überrascht Freude haben an der frischen Klangwelt, die so gar nichts Altväterisches, gar Museales ausstrahlt.

 

Megerle, weniger als Kleriker denn als Musiker seinerzeit in der Kirche erfolgreich, wurde sogar Domkapellmeister in Salzburg. Diese Karriere allein zeigt, dass der Komponist keineswegs als kleines Kirchenlicht gehandelt wurde. Dieses Licht wieder aus dem Scheffel hervorzuholen, unter dem es leider nur allzu lange verborgen war, ist das große Anliegen Peter Adlers. Und sein Verdienst ist es, wenn ein größeres Publikum sich nun an dieser großen Leuchte erfreuen kann!

Walther Prokop